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Orte für verlorene Zeit: D.S. #42 mit Natascha Khakpour und Jan Niggemann

Diskurs
Nino nannten seine Freud:innen ihn liebevoll. Und manche, die ihn auf jener Reise begleiteten, die von den verschlungenen Pfaden sardischer Dörfer bis in die Fabriken Turins führten. Selbst in der Gefängnisbibliothek des faschistischen Kerkers las er Märchen, die neben Groschenromanen und alten ausgemusterten Klassikern zufällig ihren Weg dorthin fanden. Wenn das Essen knapp war und die Umgebung feindlich, so halfen auch kleine, listige und schöne Geschichten Antonio Gramsci, um sich und seine abwesende Familie mit Hoffnung und Überlebenskunst zu versorgen. Niemals hatte er das Fürchten verlernt und sich falscher Allmachtsphantasien hingegeben. Das Neue entsteht aus einer anderen Verarbeitung des Alten, manchmal braucht es den Glauben und den Willen, es gegen alle Widrigkeit und Einseitigkeit mit phantastischem Erfindungsreichtum zu versuchen.

„Die Herberge der Igel“ ist eines von vielen Märchen, mit dem Jan Niggemann und Natascha Khakpour Einblicke in Gramscis Denken geben. Er zeigt an und mit ihnen, wie Kreativität und Beharrlichkeit sich aufeinander verlassen lernen, warum Kritik am Glauben seine Kraft nicht zersetzen muss und schließlich, warum Hoffen im finsteren Horizont der Gegenwart das Licht sein kann, dass einen Weg hindurch erkennbar macht.
Termine
12. Dezember 2023, 19:00 Uhr
Weitere Informationen
Eintritt: Kostenlos
Veranstaltungsort/Treffpunkt