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24/7

Arbeit zwischen Sinnstiftung und Entgrenzung
Kuratiert von Katia Huemer
Co-Kuratiert von Martin Grabner


Die Arbeitswelt hat sich in unserer heutigen Gesellschaft drastisch gewandelt. Im Zeitalter angebotener 24/7-Zugänge sind traditionelle Arbeitszeiten längst nicht mehr die Norm. Fahrradbot:innen, ehemals ein Symbol für physische und flexible Arbeit, sind nun Teil der digitalen Lieferrevolution und bestimmen in knalligen Farben gekleidet das Bild westlicher Städte.

Doch trotz der scheinbaren Freiheit von starren Strukturen und Stechkarten kämpfen viele Arbeitnehmende weiterhin um gerechte Bedingungen. Unsichtbare Arbeit wie unbezahlte Haus- und Fürsorgearbeit, häufig von Frauen geleistet (was nicht zuletzt zu einem enormen Gender-Pension-Gap führt), ist auch gegenwärtig ein gesellschaftliches Problem und zeigt die Notwendigkeit feministischer Perspektiven in der Arbeitsdebatte, um Ungleichheiten und Ausbeutung anzusprechen.

Auch wenn Hammer und Sichel, einst Symbole des Arbeitskampfes, heute zu historischen Relikten geworden sind, ist der Kampf um faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen heute umfassender, globaler und aktueller denn je. Gleichzeitig sind Begriffe wie New Work, 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance in aller Munde. Leere Worthülsen und Wohlfühlthemen einer digitalen Bohème oder realistische Forderungen in einer Zeit höchster Belastung, die alle Berufsgruppen stellen können und die die Dynamik zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen nachhaltig verändern werden?

Arbeit ist jedoch nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen, sie kann und sollte auch eine Quelle von Sinn und Erfüllung im Leben eines Menschen sein, unsere Identität und unser Selbstverständnis prägen. Der Traum von der Befreiung der Arbeit von ökonomischen Zwängen wurde von dem deutschen Philosophen und Sozialtheoretiker Herbert Marcuse Ende des 20. Jahrhunderts geprägt: Während in der heutigen Konsumgesellschaft, in der die Menschen auf materiellen Besitz fokussiert sind, die Arbeit zu einem bloßen Mittel zum Zweck wird, um den Konsum zu ermöglichen (was wiederum zu einer oberflächlichen und entfremdeten Lebensweise führt), könnte eine Gesellschaft, in der die Arbeit nicht mehr das zentrale Element im Leben ist, den Menschen mehr Zeit für persönliche Entfaltung, kulturelle Aktivitäten und kreativen Ausdruck lassen.

Die Veränderungen in der Arbeitswelt, die unsere Gegenwart prägen, sind komplex und vielschichtig und spiegeln die Anpassungsfähigkeit und die anhaltende Suche nach Gleichgewicht in einer sich ständig verändernden Welt wider. In einer nicht zu fernen Zukunft werden Technologien wie KI und Automatisierung die Arbeitswelt weiter verändern und neue Herausforderungen mit sich bringen, die erneut einen sozialen und politischen Diskurs erfordern. Doch steht Arbeit tatsächlich an der Schwelle zur Immaterialität oder besteht nicht eher die Gefahr, dass auf jene körperliche, geistige und emotionale Arbeit, die mit unzähligen Bereichen unseres Lebens verbunden ist, vergessen wird? Kann harte Arbeit durch Körper und Hände möglicherweise bald von Maschinen übernommen werden und sind wir vielleicht an einem Punkt, an dem Marcuses Vision Wirklichkeit werden könnte?

Die Ausstellung untersucht schließlich auch die oft prekären Aspekte künstlerischer und kultureller Arbeit und stellt Fragen nach der Verwischung der Grenzen zwischen Selbstausbeutung und Selbstverwirklichung. Ein Teil der Ausstellungsfläche steht Neuproduktionen und performativen Kunstprojekten zur Verfügung, die die Ausstellung während ihrer Laufzeit wachsen lassen. Eine in Koproduktion mit dem Museum für Geschichte entstandene Arbeit stammt etwa von den Filmemacher*innen Simon Nagy und Lia Sudermann, die sich mit Beständen aus dem Fotoarchiv Blaschka beschäftigen. Unter dem Titel Alles Arbeit erzählt das Museum für Geschichte parallel zur Ausstellung im Kunsthaus anhand der dokumentarischen Bilder Egon Blaschkas, die dieser in den 1950er-Jahren vor allem in seiner Funktion als Pressefotograf der Kleinen Zeitung gemacht hat, von der Schieflage in der Arbeitswelt und den massiven Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, die bis heute bestehen.



Künstler:innen der Ausstellung:

Maja Bajević, Julien Berthier, Louisa Clement, Manuel Correa & Marina Otero Verzier, Jeremy Deller, Antje Ehmann & Harun Farocki & Eva Stotz, Aldo Giannotti, Liam Gillick, Lisa Großkopf, Andreas Gursky, Michael Hieslmair & Michael Zinganel & Theresa Hattinger, Tehching Hsieh, Johanna Kandl, Peter Kogler, KURS (Miloš Miletić, Mirjana Radovanović), Luiza Margan, Pia Mayrwöger, Sam Meech, Michail Michailov, Elisa Giardina Papa, Nika Radić, Martha Rosler, Sebastian Schmieg & Silvio Lorusso, Christoph Schwarz, Selma Selman, Santiago Sierra, Lia Sudermann & Simon Nagy, Oliver Walker
Termine
1. - 19. Mai 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
20. Mai 2024, 10:00 - 18:00 Uhr
21. - 31. Mai 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 30. Juni 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 31. Juli 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 31. August 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 30. September 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 31. Oktober 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 30. November 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 23., 26. - 31. Dezember 2024, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 19. Jänner 2025, Di - So 10:00 - 18:00 Uhr
Weitere Informationen
Die Ausstellung "24/7" ist eine Kooperation mit "Alles Arbeit" im Museum für Geschichte.
Veranstaltungsort/Treffpunkt