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Dr. Renée Gadsden und Kurt Ryslavy / Running Metres – Laufmeter

Book Launch & Artist Talk
Der in Graz geborene Kurt Ryslavy ist bildender Künstler, Dichter und übt einen Broterwerbsberuf aus. Er arbeitet vorwiegend mit Text, Video, Installation, Performance, Skulptur und Malerei und bezeichnet sich selbst als zeitgenössischer Künstler. Dabei ist er einer der wenigen, wenn nicht der einzige Konzeptkünstler, dessen Präferenz auf dem Medium der Ölfarbe liegt. An Strömungen des Dadaismus, des Fluxus und des Wiener Aktionismus anknüpfend, unternimmt er seit fast fünf Jahrzehnten auf ironische sowie provokative Art und Weise den Versuch, gegen traditionelle Kunstauffassungen und -begriffe zu arbeiten.
Ryslavy studierte Philosophie an der Universität Wien sowie Kunst an der Wiener Hochschule für Angewandte Kunst, brach aber beide Studien ab. Nach einem Aufenthalt in Salzburg (1981-1983) und in Boissano (1985-1986) zog er nach Brüssel, um seine schriftstellerische und vermehrt auch seine Tätigkeit als bildender Künstler auszuüben. 1990 kaufte er mit Freunden ein Haus auf Kredit und begann infolge einer Kunstmarktkrise einen Broterwerbsberuf.

Mittels seiner inhaltlich-diskursiven Werke sowie detaillierten und wohl überlegten Ausstellungkonzepten verhandelt er insbesondere Thematiken wie Wahrnehmungsphänomene, das, was als Kunstwelt/ Kunstmarkt verstanden wird, sowie Arbeitsbedingungen von Kunstschaffenden. Zentral ist für ihn dabei vor allem die Absurdität der sogenannten Kunstwelt selbst, die er stets und immer wieder humorvoll beleuchtet.
Ryslavy stellt so auch Fragen etwa des ästhetischen, kognitiven, moralischen, künstlerischen und kommerziellen Wertes eines Kunstwerks: nicht nur mittels des durch den Kunstmarkt bestimmten Wertes, den Sue Spaid als extrinsisch bezeichnet, sondern auch qua intrinsischen Wert, als die Bewunderung von Werken, die keine Bekanntheit erlangt haben. Der Wert eines Werkes steigt oft mit seiner Sichtbarkeit, aber was ist mit gänzlich unpopulären Arbeiten oder auch Objekten, die etwa in den eigenen vier Wänden Wertschätzung erfahren? Da die meisten Objekte einen intrinsischen Wert haben, wird dieser vordergründig von Ryslavy behandelt. Denn gleich einem Parlament der Dinge (2009) haben die Objekte, die wir auswählen insofern eine Wirkung oder agency, wie Bruno Latour sagen würde, als dass sie für unsere Identität maßgeblich sind. Ryslavy ist nämlich zugleich ein Sammler, dem es immer auch um Fragen des Kategorisierens, der Sichtbarmachung sowie des Ausstellens und Verbindens selbst geht.
Die Kulturtheoretikerin Dr. Renée Gadsden beschreibt, wie Ryslavy mit großem Eifer unsere gängigen Ansichten darüber, was in der Kunst als akzeptabel gilt, immer wieder hinterfragt und dennoch oft enttäuscht ist, wenn das Publikum seine Werke nicht wie erhofft annimmt. Dieser ständige Konflikt mit der Wahrnehmung seiner Kunst durch die Öffentlichkeit verfolgt ihn. Seine Werke überschreiten die üblichen Grenzen und Vorstellungen von Kunst dergestalt, dass sie für die meisten unverständlich bleibt. Das aber treibt ihn wohl zu immer radikaleren Erkundungen seiner künstlerischen Philosophie an.
Kurt Ryslavy kritisiert zugleich, dass der Markt oft wichtiger als die künstlerische Fähigkeit und Bildung wird und fragt, ob Kunstakademien wirklich den Kunstkanon und die Gesellschaft fördern oder bloß angepasste Künstler:innen formen, die lediglich dem Primat des Kunstmarktes dienen?
Dr. Renée Gadsden, die auch einen Essay für die neue Publikation von Kurt Ryslavy verfasst hat, wird das Buch Running Metres – Laufmeter gemeinsam mit dem Künstler im Gespräch präsentieren.

Wir möchten uns im Voraus herzlich bei Herrn Grabmayr aus Geistthal für die musikalische Untermalung bedanken.
Termine
4. September 2024, 18:00 Uhr
Veranstaltungsort/Treffpunkt