Christiane Muster Brettschuh

CHRISTIANEMUSTERBRETTSCHUH

Arbeitsschwerpunkte
Raumkunst, Möbeldesign, Malerei

Auszeichnungen
Hauptpreis beim "Wettbew. f. einen Modernen Wohn-und Lebensstil" (Zentralsparkasse Wien) 1978
Wohnhaus und Atelier Brettschuh in Arnfels - Gerambrose 1989
Altarraumgestaltung St. Lorenzen im Mürztal - Gerambrose 1992

Kurzbiographie
Am 11. März 1949 in Klagenfurt geboren
Zeichnen und Malen bei Wolfgang Schaukal
Architektur Ausbildung bei Ferdinand Schuster, Edo Ravnikar, Jan Gezelius und Josef Klose
Studienassistentin am Institut f. Kunstgeschichte / TU Graz (Sokratis Dimitriou) 1974/75
Studienabschluss an der Technischen Universität Graz 1977
Stipendien f. d. Salzburg Sommerakademie (Lithographie) 1977, das Centro Palladiano Vicenza 1978 u. die Königlich Dänische Kunstakademie Kopenhagen (Garten- und Landschaftsplanung) 1979.
Umbau eines historischen Ensembles in Arnfels mit Gerald Brettschuh (ab 1980)
Heirat mit Gerald Brettschuh 1983
Geburt des Sohnes Luis 1986
Leitung der Galerie Klinger in Arnfels (mit Gerald Brettschuh) 1980 – 1994
Gründung und Leitung d. Kunsthandwerksmarktes im Bildungshaus Retzhof bei Leibnitz 1985-1989
Hagia Chora, Schule für Geomantie (D) 2004
Hortus Niger / Martha Jungwirth (Freies Malen) 2004
Mitglied im Kunstverein für Kärnten seit 1977

Arbeiten im öffentlichen Raum
Altarraumgestaltungen: Schlosskapelle Grades (Durch Form zur Andacht) 1988, St.Lorenzen im Mürztal 1991, Emmauskapelle Wernersdorf 1993, Gösting (bei Graz) 1993-1996, Kammern im Liesingtal 1995, CaritasAltenheim Graz/Hubertusstrasse (Kapelle) 2005, Patriziuskirche Hollenegg 2007, Pfarrkirche Ranten (in Arbeit) ab 2010
Raum- und Farbgestaltungen: Höchwirt Graz-Zösenberg 1986, Cafe Feiertag Graz/Andritz 2000, Aufbahrungshalle Mureck (Einrichtung) 2004, BH Leibnitz (Büro Dr. Klemencic) 2005, Fliesen Skoff Gamlitz 2005, Kaufhaus Hubmann Stainz 2006/2007, Kinogasthaus Hasewend Eibiswald 2000–2010

Ausstellungen
Galerie d. kath. Hochschulgemeinde Graz Porträtskizzen 1977
Kleine Galerie im Künstlerhaus Klagenfurt: Grafiken und Möbel 1978
Galerie Café Schillerhof Graz: Zeichnungen 1978
Galerie Hildebrand Klagenfurt: Möbeldesign 1979
Galerie Freund Klagenfurt: Das kleine Format 1979 (AB)
Steirische Kulturinitiative Wanderausstellung (AB)
Schloss Gleinstätten (AB)
Altes Gericht Deutschlandsberg (AB)
Galerie Klinger Arnfels: Stoff Holz und Farbe 1983 (AB)
Galerie d. kath. Hochschulgemeinde Graz: Porträts 1984
Kleine Galerie im Künstlerhaus Klagenfurt: Durch Form zur Andacht 1988 (AB)
Minoriten Galerien Graz: GOTT 1989 (AB)
Diözesanmuseum Graz: neue Kunst in alten Kirchen 1993 (AB)
13. Künstlerbegegnung St. Lambrecht: Achtung Heimat Fälschung 1996 (m. G. Brettschuh)
Polyartis Arnfels/St.Johann/Trautenburg: Sucht und Süchte 1997 (AB)
Priesterseminar Graz: Caritas = Liebe = Menschlichkeit hat Zukunft / Fahnenprojekt 1999 (AB)
Galerie am Glockenspiel Graz: Wildtiere in der Gegenwartskunst 2002 (AB)
Marenzihaus Leibnitz: Portraits 2006/2007 (m. G. Brettschuh)
Bildungshaus Mariatrost Graz: Paralellwelten /Kinder, Küchen, Kirchen 2008
08zwanzig Graz: Zeichensaal 2009

Bibliographie
Bauforum Das türkische Stadthaus (Holzhäuser am Posporus) 1973
Wettbewerbskatalog: Österr. Beitr. zu einem mod. Wohn-und Lebensstil (Zentralspark./Wien) 1978
Sterz Kulturzeitschrift 12-17, 21, 23, 32, 38
Eva&Co Eine Feministische Kulturzeitschrift 1/1982
Österreichische Architektur im 20.Jh/Bd II (Fritz Achleitner) 1983
Österreichische Aquarellisten der Gegenwart (Verl W.Maudrich Wien) 1984
Kunst im Wohnbau Wohnanlage Fernitz (Wohnbaugruppe Ennstal) 1984
80 Jahre Kunstverein für Kärnten (Katalog) 1987
76 Künstler zum Thema GOTT (Kulturzentrum bei den Minoriten) 1989
Gerambdankeszeichen f. gutes Bauen Katalog (Verein Heimatschutz in der Steiermark) 1992
Kunstverein f. Kärnten.Jahresausstellung 1995 Katalog
90 Jahre Kunstverein für Kärnten (Katalog) 1997
Polyartis "Sucht/Süchte" 1997
Caritas = Liebe = Dorotheumskatalog Wien 2000
Die Emmauskapelle in Wernersdorf (Gemeinde Wernersdorf ) 1995 u. 2004
Der Anblick 8/2004 (Wildtiere in der Gegenwartskunst)
GEOSAISON 9/2008 "Die schönsten Hotels unter 100 Euro" (50 Häuser quer d. Europa)
Kornblumen Siegfried Faschingbauer (Edition Keiper) 2008
box 43 das südsteiermark magazin
Manuskripte 183 (bildnerischer Beitrag: Porträt G.F. Jonke) 2009

Auf der Stör
Wenn ich CMB vorstelle, dann ist das keineswegs durch meine besondere Kenntnis ihrer Arbeit legitimiert. Vielmehr lag diesem Auftritt hier meine Neugier auf das damit verbundene Privatissimum mit der Künstlerin während des Hängens ihrer Bilder zugrunde. Mein spärliches, alkoholisch grundiertes Wissen über die Kunst von CMB stammt vor allem aus dem Wirtshaus; genauer vom Höchwirt über Graz, der einen breiten Fankreis mit der Arbeit von CMB und das heißt auch mit ihren künstlerischen Strategien bekannt gemacht hat. Dabei handelt es sich um die unspektakuläre aber kompromisslose Verschmelzung eines traditionellen Konzeptes – Wirtshaus – mit einer behutsam modernen Innenausstattung, deren Möbel aus eigenem Buchenholz gezimmert wurden. Funktioniert bis heute.

Man kann sagen, dass CMB in ihrer Arbeit Räume - Bild-, Architektur- oder Erlebnisräume – schafft, die ein über ein besonderes Licht verfügen. Es ist das kluge Licht der freundlichen Zurückhaltung oder der unaufdringlichen Einladung. Man kann in diese Räume eintreten, muss aber nicht. Man kann sich der stillen Intensität dieser je unterschiedlichen Kinderbilder aussetzen, oder nur die eleganten "Oberflächen" mitnehmen. Man kann sich in den von CMB gestalteten Kircheninnenräumen, von dem geradezu transzendierenden Umgang mit Materialien und Licht gefangen nehmen lassen, einfach still sein, oder womöglich beten. Und man kann beim Höchwirt die gelassene Präzision bewundern, mit der eine heimatliche Gaststube neu erfunden wurde, oder einfach ein Gläschen bzw. deren mehrere über den Durst trinken.

Als Architektin ist CMB schon vom Studium her mehr Universalistin als one-trick-pony. Das breite Spektrum ihrer Arbeit entzieht sich einer schnellen Begrifflichkeit. Berühmt ist sie schon in den damals legendären Zeichensälen der TU geworden, als sie ihre Kommilitonen mit Ausdauer porträtierte. In diese Zeit fällt auch die Entstehung der ältesten hier ausgestellten Kinderporträts. Nach dem Studium wurde sie bekannt durch einen Designerstuhl, mit dem sie einen Preis gewann und ging für einige Zeit auch an eine dänische Designerhochschule. Und während sie auch später, mittlerweile in Arnfels verheiratet, nie mit dem Zeichnen und Malen aufhörte, kam nach der Gestaltung weltlicher Räume die bis heute anhaltende Auseinandersetzung mit sakralen hinzu. Die Dokumentation dieser Arbeiten durch Fotos von Helmut Teczak und CMB bildet den zweiten Teil der Ausstellung "Kinder. Küche. Kirchen".

Es gibt besessene Künstler. Es gibt große Künstler. Und es gibt schließlich besessene große Künstler. Letztere gehören zu den beliebtesten Gestalten der Europäischen Geistes- und Kunstgeschichte. CMB entspricht keinem Typus dieser monomanen Hochleistungsentertainer. Sie ist bloß eine ziemlich gute Künstlerin, was möglicherweise nicht mehr, sondern am meisten bedeutet.
Logisch daher, dass der so genannte persönliche Stil CMBs. kein künstlerischer, auf den ersten Blick identifizierbarer Leisten ist, über den die jeweiligen Aufgaben gespannt werden. Für C.B. ist ein künstlerisches Problem – sei es ein Stuhl, ein Kinderporträt, oder ein Kirchenraum ohne richtigen Boden – Beginn eines Prozesses, in dem es gilt das "Thema" eines Ortes oder Motivs freizulegen, zu fühlen, eventuelle Brüche in ihm festzustellen und schließlich behutsam Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Der so entstandene Raum oder das Bild präsentiert dann zu allererst das eigene Thema, und die Künstlerin ist gleichsam ein von sich absehendes Medium, das dieses Thema mit harter Arbeit sichtbar gemacht hat. Vor allem die Wettbewerbsergebnisse im Rahmen der "Kommission für Kunst und Liturgie" der Diözese Graz-Seckau unter Philipp Harnoncourt, demonstrieren CMB künstlerische Haltung oder Methode – ganz wie man will – sehr deutlich. Die Auseinandersetzung mit dem konkreten Orte, seine Anschauung, führt zu einer Reduktion auf das Eigentliche, Selbstverständliche. Daraus ergeben sich - nicht ohne Dialog mit den Beteiligten – Lösungen, wobei CMB einen besonderen Schwerpunkt auf die Lichtführung setzt. Örtliche, gelegentlich unerwartet auftauchende Materialien wie etwa eine ausgegrabene Steinplatte sind Grundlage einer Realisierung, die die historischen Bezüge mitschwingen lassen muss. Entwicklung an Stelle von Zukauf, Nachhaltigkeit statt Effekt. Dieses Eingehen CMBs auf ganz konkrete Bedingungen verlangt auch, dass wo immer möglich, ansässige Handwerker und Betriebe die Materialien verarbeiten. (Ich bin nur der Generalist, wegen der Details fragen sie am besten die anwesende Künstlerin.)

Auch die hier ausgestellten Kinderbilder sind so unterschiedlich, wie die Kinder selbst. Insofern ist die Kunst von CMB einzigartig. Es gibt keine sich wiederholende Posen oder Arrangements, keinen sich wiederholenden Stil. Jedes Kind nimmt seine ureigene Haltung ein: verbarrikadiert in einer Lederfauteulburg, oder versenkt und doch der Welt zugewandt in die Lektüre; ein Kind auf dem Schoß des anderen;
ein Mädchen, ganz trotzig und dabei in blassem Rosa gemalt oder Mädchen, halbnah, durchdrungen vom Wunsch "schön" zu sein. Mal ist der Strich zart, dann wieder kräftig und das gleiche lässt sicht von den Farben sagen. Es ist ein bemerkenswertes Zeichen ihrer Qualität, dass sich nicht sagen lässt, welches der Bilder früh, welches erst spät entstanden ist. Die jüngsten sind zwei, die ältesten um die 30 Jahre alt. Manche der porträtierten Kinder sind heute Ärzte, ja sogar Kinderärzte; andere, die damals noch nichts voneinander wussten, bilden jetzt ein Paar. Einige der damals Porträtierten sind heute vermutlich anwesend. Dass man sie unschwer erkennen könnte, ist auch eine Form prozesshafter Nachhaltigkeit.

Bei unserem Privatissimum stellte sich heraus, dass CMB in die Familien ging, um diese vor Ort Kinderbilder zu machen. Das war einerseits sehr interessant, andererseits brauchte CMB für das "sich Einbringen", für die dazu nötige Empathie sehr viel Energie. Sie sei gewissermaßen "auf die Stör" gegangen, sagte CMB Unter diesem alten Ausdruck versteht man, dass ein Handwerker nicht in der eigenen Werkstatt arbeitet, sondern in das Haus des Kunden geht. Und natürlich beinhaltet die Formulierung auch die Störung der damals wie heute patriarchal geprägten Handwerks- respektive Kunstordnung.

Der Titel der Einladung zu dieser Ausstellung spielt mit der Alliteration "Kinder. Küche. Kirchen". Zur "Küche" ist es aus Platzmangel nicht mehr gekommen. Als ich CMB fragte, was sie denn unter "Küchen" ausgestellt hätte, meinte sie erst, dass "Küche" für sie alles sei, woran sie grade arbeite. Und außerdem sei Küche auch alles, wo sie grade arbeite, da sie ja über kein eigenes Atelier verfüge. Wenn man die beengten Raumverhältnisse der Familie Brettschuh bedenkt – zu dem labyrinthisch großen Haus in Arnfels ist im letzten Jahr noch ein Museum in Steinwurfweite hinzugekommen – dann handelt es sich bei CMBs. fehlendem Atelier wohl um einen bewussten, künstlerischen Verzicht. Ich kenne keinen steirischen Künstler, bei dem Kochen und Kunst, Stil und Haltung, Leben und Methode auf so klare und entschiedene Weise zusammenfallen.
Willi Hengstler zur Ausstellung Paralellwelten / Kinder, Küchen, Kirchen 2008



Fotos: A. Behn, W. Croce, D. Dorner, FRanz, R. Hasewend, H. Tezak